Anwendungsbeispiel: Automation eines Energiesystem-Verbundes im Technikum G der Hochschule Biberach

von Martin Becker

Im Folgenden soll anhand eines Gebaudes an der Hochschule Biberach verdeutlicht werden, wie verschiedene dezentrale und regenerative Energiesysteme uber entsprechende Kommuni – kationssysteme in eine gewerkeubergreifende Gebaudeautomation und ins Energie – und Ge – baudemanagement eingebunden werden konnen. Das so genannte Technikum G wurde im Rahmen der Einrichtung des neuen Studiengangs Gebaudeklimatik im Jahre 2002 auf dem Campus der Hochschule Biberach als Seminar – und Laborgebaude errichtet.

Bild 7-16

Blick auf das Technikum G der Hochschule Biberach, das als De – monstrationsgebaude fur dezentrale und erneuerbare Energiesysteme genutzt wird.

In und an dem Gebaude wurden zu Demonstrationszwecken fur die Lehre und Forschung wahrend und nach der Bauphase verschiedene innovative Energiesysteme exemplarisch integ – riert. Dies sindu. a.:

• Bodenabsorber unter der Bodenplatte zur Nutzung oberflachennaher Geothermie

• zwei vertikale Erdsonden mit je 99 m Lange neben dem Gebaude

• eine umschaltbare Warmepumpe/Kaltemaschine

• zwei Erdreich-Warmeaustaucher unterschiedlicher Durchmesser entlang des Gebaudes

• zwei Solar-Luftkollektoren an der Glasfassade

• unterschiedliche Bauteilsysteme (Wasser, Luft) in verschiedenen Seminarraumen

• ein Luftungsgerat zur Konditionierung eines Seminarraumes, wobei direkte Aubenluft, die vorgeheizte Luft aus dem Luft-Kollektor oder die vorgeheizte bzw. vorgekuhlte Luft aus dem Erdreich-Warmeubertrager genutzt werden kann.

• zwei Experimentalfassaden zum Test innovativer dezentraler Fassadensysteme

• Fotovoltaik (Dachintegration, Fassadenintegration)

Diese vielfaltigen Energiesysteme sind uber eine recht umfangreiche Hydraulik und Energie – verteilung vergleichsweise flexibel zusammengeschaltet, so dass unterschiedliche Raume mit unterschiedlichen Energiesystemen versorgt werden konnen, wie dies in Bild 7-17 als Uber – sicht dargestellt ist.

Bild 7-17 Energiesystem-Verbund im Technikum G der Hochschule Biberach

In diesem Gebaude befinden sich verschiedene Labore, u. a. das Labor fur Gebaudeautomati­on, in dem die Automationsgerate bzw. dezentralen Busgerate der einzelnen Teilsysteme uber in der Gebaudetechnik typische Kommunikationssysteme wie EIB/KNX, LON, OPC oder Modbus/TCP auf eine ubergeordnete Gebaudeautomation zusammengefuhrt werden. Einzelne Raume sind mit Bussystemen wie EIB/KNX oder DALI automatisiert, andere uber kompakte Raumcontroller, die nach IEC 61131 programmiert werden, automatisiert. In verschiedenen Raumen und Anlagen sind uber Energiezahler (Strom, Warme, Kalte) installiert, so dass auch quantitative energetische Untersuchungen moglich sind.

Mit dem ubergeordneten Gebaudeautomationssystem (GA-System) lassen sich alle Raume und Anlagen visualisieren, entsprechende Prozessgroben (Temperaturen, Feuchte, CO2-Sensoren, Schaltzustande) dynamisch einblenden und in einer Datenbank archivieren, s. Bilder 7-14 oder 7-15. Bild 7-19 zeigt als weiteres Beispiel die Visualisierung des Luftungsgerates zur Versor – gung eines Seminarraumes, wobei als Quelle direkte Aubenluft, die beiden Erdreich- Warmeubertrager oder die beiden Luft-Kollektoren einzeln oder uber Ansteuerung entspre – chende Luftklappen in einem beliebigen Mischungsverhaltnis dem Luftungsgerat zugefuhrt werden konnen.

Bild 7-18 Automatisierungsstruktur im Technikum G, bei der die einzelnen busfahigen Gerate und Automationsgerate uber entsprechende Kommunikationssysteme auf eine ubergeordnete Ge­baudeautomation zusammengefuhrt werden (AS-Automationsstationen, EIB-Europaischer In- stallations-Bus, LON-Local Operating Network).

Bild 7-19 Visualisierung des Luftungsgerates mit unterschiedlicher AuBenluftquellen, wobei die Zuluft dem Testraum G0.03 zugefuhrt wird

Neben den ublichen Visualisierungen von Raumen, Heizung-, Luftungs- und Klimaanlagen lassen sich auf solchen offenen Gebaudeautomations-Systemen auch alle regenerativen und dezentralen Energiesysteme in einem Gebaude z. B. fur eine Visualisierung und Historisierung von Daten aufschalten. Bild 7-20 zeigt dies am Beispiel der Fotovoltaik-Anlage, bei der alle relevanten Prozessgroben wie solare Einstrahlung, Modultemperaturen, aktuelle elektrische Groben (Strom, Spannung, Leistung, Energie) aus den Wechselrichtern, Performance Ratio der Anlage angezeigt und kontinuierlich mit protokolliert werden konnen.

Bild 7-20 Visualisierung der Fotovoltaik-Anlage auf einer ubergeordneten Gebaudeautomation

Updated: August 24, 2015 — 8:29 pm