Ungewollte Energieumwandlungen (Dissipation)

Bisher wurde immer davon ausgegangen, dass die Energieubertragung von einem zum anderen Energietrager in der gewunschten Weise stattflndet. So wurde im Bei – spiel des Radfahrers vernachlassigt, dass sich der Reifen beim Kontakt mit dem Boden verformt, die Umgebungsluft durch die Bewegung des Radfahrers selbst in

Bewegung gesetzt wird etc. Fur alle diese Vorgange muss Energie aufgebracht wer – den, die nur aus der ursprunglichen kinetischen Energie des Radfahrers stammen kann. Die tatsachlich gewinnbare geodatische Hohe im Schwerefeld der Erde ver – ringert sich in der Realitat entsprechend.

In Abb. 14.9 wurde ein Elektromotor gezeigt, dem die elektrische Arbeit Wel zuge – fuhrt wird und der an der Masse m die mechanische Arbeit Wmech verrichtet. Auch hier wird Wmech < Wel gelten. Es muss also mehr Energie aufgewendet werden als genutzt werden kann.

Подпись: Energietransport Erzeugte Entropie SilT

In der Realitat flnden also immer ungewollte Energiewandlungen statt. Die aus der Erfahrung bekannteste ungewollte Energieumwandlung stellt die Reibung dar, bei der Dissipationsenergie gebildet wird. Neben der mechanischen Dissipation kennt die Thermodynamik auch eine thermische, elektrische und sogar eine chemische Dissipation.

Energietrager X Entropie S X

System 1 System 2

Abb. 14.12 Bei einem Energietransport uber die Systemgrenze entsteht durch unterschiedliche Ar – ten von Dissipation immer ein irreversibler Entropieanteil Sirr, der den Entropievorrat des Systems

erhoht.

Bei jeder Form von Dissipation wird irreversibel Entropie Sirr erzeugt und damit die Innere Energie des Systems oder die der Umgebung erhoht. Es gilt fur die Zustands – anderung 1 ^ 2:

Ediss,12 = j T ■ dSirr. (14.48)

Wird kontinuierlich Energie dissipiert, spricht man von dem Dissipationsenergie – strom oder der Dissipationsleistung,

Pd, ss = T ■ Slrr> 0. (14.49)

Hierbei ist zu beachten, dass die Endtemperatur wahrend des Disspationsvorgangs in der Regel gegeniiber der reversiblen Zustandsanderung groBer sein wird (To > Tos), in Gl. (14.49) ist also eine gemittelte Temperatur T anzunehmen. Da Entropie – erzeugungsrate und Absoluttemperatur immer groBer null sind, ist die Dissipations – leistung ebenfalls immer positiv.

^ Beachte

Die Disspationsenergie bezeichnet den Energieanteil, der bei Energiewandlungen ungewollt in andere Energietrager ubergeht: Dem Elektromotor in Abb. 14.9 muss je Zeiteinheit mehr elektrische Arbeit Wel zugefuhrt werden als mechanische Arbeit Wmech verrichtet wird.

Durch mechanische und elektrische Reibungsprozesse wird immer ein Teil der transportierten Energie dissipiert. Dadurch erhoht sich die kinetische Energie der molekularen Bausteine des Systems, sichtbar an einer Temperaturerhohung.

Die Dissipationsenergie geht nicht „verloren“, sondern erhoht die thermische Inne – re Energie des Systems oder der lokalen Umgebung um den Betrag Ediss = AUth. Bei Energiebilanzen tritt der Term Ediss nicht auf, wenn AUth berucksichtigt wurde.

Fur die bei ungewollten Energiewandlungen erzeugte, auf die Masse des Systems bezogene Dissipationsenergie ediss gibt es in der Fachliteratur viele Bezeichnungen. In der Stromungsmechanik wird diese als irreversible Arbeit mit den Formelzei – chen yirr oder j, in der Mechanik als speziflsche Reibungsarbeit wreib und in der Thermodynamik als dissipierte Arbeit wdiss bezeichnet:

ediss = Уігг = Wreib = Wdiss = j • (14.50)

Der dissipierte Anteil der Arbeit ist der auf die Molekule „zerstreute“ Anteil, wie Abb. 14.13 anhand der Drosselung eines Gases zu illustrieren versucht. Im Bild links weisen alle Gasmolekule eine hohe translatorische Geschwindigkeitskompo – nente auf, die mit Pfeilen dargestellt ist. Makroskopisch betrachtet fuhrt die Fluid – masse einen gerichteten Impuls mit. Die kinetische Energie der Molekule ist als kleinere oder grofiere Schwingung angedeutet.

Ungewollte Energieumwandlungen (Dissipation)

Abb. 14.13 Entropieerzeugung in der Drosselstelle einer Stromung.

Nach der Storstelle hat sich der gerichtete Gesamtimpuls verringert und ein Teil der kinetischen Energie wurde auf die unzahligen Molekule, deren Impulse ungerichtet sind, ubertragen. Die Erhohung der kinetischen Energie der Molekule entspricht der dissipierten Energie und ist makroskopisch nur noch als Temperaturerhohung gegenuber der reversiblen Zustandsanderung messbar. Es ist zu beachten, dass die Dissipationsenergie ediss auf der richtigen Seite der Energiebilanz hinzugefugt wird. Thermodynamisch gesehen entspricht die Dissipationsenergie im Betrag also der Erhohung der Inneren thermischen Energie des Systems selbst, eines angrenzenden

Systems oder der lokalen Umgebung. Man wird diese durch eine Temperaturande – rung, eine Anderung des Druckes oder des speziflschen Volumens (es ist u — u(v, T)) feststellen konnen. Die Dissipationsenergie ist nicht ganzlich „verloren“, da Au in anderer Weise genutzt werden kann.

Подпись: Abb. 14.14 Entropieerzeugung in der Drosselstelle einer Stromung.

Die beschriebene Zustandsanderung durch Drosselung ist in Abb. 14.14 in einem T-s-Diagramm dargestellt.

Ungewollte Energieumwandlungen (Dissipation)

Bei einer reversiblen Drosselung ohne Warmeaustausch (adiabat) wurde der Zu – standspunkt 1 —>2s erreicht werden, tatsachlich wird aber bei der Zustandsanderung 1—2 die Entropiemenge Asirr durch Dissipation erzeugt. Die markierte Flache ent – spricht nach Gl. (14.48)

Updated: October 27, 2015 — 12:10 pm