Global-Wir kungsgrad

Ziel der energetischen Uberlegungen ist letztlich die Minimierung des Gesamtenergieeinsatzes. Ein in diesem Sinne optimales System besitzt sowohl einen hohen Wirkungsgrad als auch einen hohen Energie – Erntefaktor. Vergleichen wir etwa zwei Fossilkraftwerke A und В mit den Wertepaaren Опа, £a) und (г)в, Ев) der zugehorigen Wirkungsgrade und Energie-Erntefaktoren, stellt sich die Frage nach der gesamtenergetisch

Global-Wir kungsgrad Подпись: (2.178)

giinstigeren Paarung. Dies ftihrt ganz zwangslaufig zur Definition des Global-Wirkungsgrads

in den jetzt sowohl die zugeflihrte Energie Ezu fur den Energieumwand – lungsprozefi (Energie des Brennstoffs) als auch die Energie Eejn zur Reali – sierung der Apparatur einschlieSlich Infrastruktur eingeht, in der der Umwandlungsprozefi ablaufen soil. Der so definierte Global-Wirkungs – grad lafit sich als Funktion 8(r|, e) des Wirkungsgrads T) und des Energie – Erntefaktors £ darstellen. Dazu dividieren wir den Zahler und den Nenner von (2.178) durch die geerntete Nutzenergie E und erhalten bei Beachtung der Definition fur den Wirkungsgrad (2.16) bzw. (1.4) und den Erntefaktor (2.135) die Darstellung

5 = у-Ц – (2.179)

Л є

die sich auch in der Form

S = (2.180)

£ + Л

als harmonisches Mittel aus Wirkungsgrad und Energie-Erntefaktor schreiben lafit. Da in unserem Beispiel Ezu die im Brennstoff Kohle steckende Primarenergie ist, mufi zwangslaufig auch der Energieanteil Еваи + … fur die Realisierung der Apparatur in Form von Primarenergie eingehen. Genau aus diesem Grund wurde der Energie-Erntefaktor in Abschn. 2.2 primarenergetisch definiert. Nur so sind Wirkungsgrad und Erntefaktor allgemein kompatibel.

Die Frage nach dem gesamtenergetisch besseren Kraftwerk kann mit Hilfe des Global-Wirkungsgrads nun leicht beantwortet werden. Ergibt die Rech – nung etwa 8 a > 8 В/ ist das Kraftwerk A gesamtenergetisch besser als das Kraftwerk B.

Besonders anschaulich und gut deutbar wird die Situation, wenn wir den Global-Wirkungsgrad 8 liber dem Erntefaktor darstellen (Bild 80).

б

Подпись:Подпись:Подпись:Подпись: Apparateguteimage136Bild 80 Global-Wirkungsgrad

Der Global-Wirkungsgrad wird von zwei Asymptoten begrenzt. Im Fall der 1. Asymptote fur kleine Erntefaktoren gilt:

Подпись: (2.181)5 = 8 Eein = Еваи + – » Ezu

Hier dominiert die zur Realisierung des Apparates eingesetzte Energie gegeniiber der zugefiihrten Brennstoffenergie. Der Erntefaktor ist kleiner als der Wirkungsgrad r und somit das System als Erzeuger unbrauchbar, denn Erzeuger mussen die Ungleichung 8 > r| erfiillen. Die 2. Asymptote fiir grofie Erntefaktoren ist der technisch interessante Fall. Hier wird der Global-Wirkungsgrad gerade identisch mit dem Wirkungsgrad des Energieumwandlungsprozesses, und es dominiert jetzt die zugefiihrte Brennstoffenergie:

(2.182)

Die zur Realisierung des Apparates einschlieGlich dessen Infrastruktur eingesetzte Energie Еваи + •• ist vernachlassigbar, spielt also iiberhaupt keine Rolle. Ein Erzeugersystem, dessen Gobal-Wirkungsgrad 5(e, ri) in der Nahe dieser Asymptoten 8 = ri liegt, kann nur noch durch Steigerung seines Wirkungsgrads r energetisch verbessert werden. Genau in dieser Situation befinden sich unsere heutigen fossilen und nuklearen Grofikraftwerke. Wir zeigen dies beispielhaft durch Ausrechnen der

Global-Wirkungsgrade nach (2.180) fur die beiden bereits in Abschn. 2.2.2 behandelten nicht-regenerativen Kraftwerke. Es ergibt sich:

S

Hzu [kWh]

Hein [kWh]

200 MW Kohle mit T| = 0,4, Є = 3,4

0,36

7,6 • 1010

9,0 • 109

1300 MW Atom mit T| = 0,34, Є = 9,2

0,33

6,6 • 1011

2,5 • 1010

Tabelle 4 Global-Wirkungsgrad 8, Brennstoffenergie EZU/ Energie fur Anlage und Infrastruktur Eein

Beide Grofikraftwerke liegen bereits im Sattigungsbereich des Global – Wirkungsgrad s (Bild 81). Eine weitere Verbesserung des Erntefaktors hatte gesamtenergetisch keine nennenswerte Auswirkungen. In beiden Fallen dominieren die Brennstoffenergien.

image137

Bild 81 Gesamtenergetische Darstellung eines 200 MW Kohlekraftwerks und eines 1300 MW Kernkraftwerks

Die Idee der Minimierung des Gesamtenergieeinsatzes ist im Prinzip sicher richtig, aber dennoch im Detail problematisch, insbesondere dann, wenn wir damit das Mali der Umweltbelastung verkniipfen. Es besteht die Gefahr, dafi Ungleiches miteinander verglichen wird. Vergleichen wir etwa zwei Kohlenkraftwerke ohne jegliche Entsorgungseinrichtungen miteinander, ist der hier definierte Global-Wirkungsgrad sicher auch ein richtiges Mafi fiir die von diesen Kraftwerken ausgehende Umwelt­belastung. Denken wir uns nun in eines der beiden Kraftwerke Ent – sorgungsvorrichtungen eingebaut, wird zumindest dessen Energie-Ernte – faktor und damit auch der Global-Wirkungsgrad absinken, ohne dafi dabei die Umweltbelastung zunehmen mufi. Immerhin erkennen wir hier nebenbei, dafi zusatzliche Entsorgungseinrichtungen natiirlich durch Her – stellung und Betrieb auch umweltbelastend wirken und nur dann echte Entsorgungseinrichtungen sind, wenn deren positive Effekte uberwiegen. Wir erkennen hierbei auch, dafi allein der Anbau von Zusatzentsor- gungseinrichtungen sicher nicht der optimale Weg ist. Besser ware es, etwa durch Anderung des Energieumwandlungsprozesses, direkt umwelt – relevante Verbesserungen zu erreichen.[12] Genau dies wurde mit der Ein – fiihrung nuklearen Warmequellen versucht, die jedoch neue signifikante Probleme mit sich brachten.

Im gesamtenergetischen Zusammenspiel verhalten sich der Wirkungs – grad T| und der Energie-Erntefaktor £ im harmonischen Mittel analog wie parallel geschaltete Widerstande. Wie bereits gezeigt, ist fur konven – tionelle Grofikraftwerke mit Eein « Ezu (s. a. Tabelle 4) bzw. £ » r der vom Wert her kleinere Wirkungsgrad bestimmend. Der Global-Wirkungsgrad wird deshalb mit dem Wirkungsgrad nahezu identisch, so dafi dem Wirkungsgrad solcher Anlagen okonomisch wie okologisch die grofite Bedeutung zukommt. Insbesondere fur ein Kohlekraftwerk ist dies unmittelbar einsichtig, denn eine Wirkungsgradsteigerung bedeutet eine Verringerung der einzusetzenden Brenns toff masse, an die Kosten und Umweltbelastung gekntipft sind. Diese Tatsache, die fiir eine derartige Anlage unumstofilich richtig ist, hat aber keine Allgemeingiiltigkeit fur andere Energieumwandlungssysteme. Insbesondere im Fall der regenera – tiven Systeme ist die Situation ganz anders und eine Bewertung anhand des Wirkungsgrads sogar schlicht falsch, da dieser hier eine nur unter – geordnete Rolle spielt. Das regenerative Energieangebot steht kostenfrei zur Verfiigung und dessen verniinftige Nutzung hat auch keine Umwelt­belastung zur Folge. Okonomisch und okologisch belastend ist allein der Aufwand zum Bau, Betrieb und Entsorgung der Energieumwandlungs – anlage, wobei in der Regel der Bauaufwand dominiert. Deshalb kommt bei solchen Anlagen nicht dem Wirkungsgrad, sondern dem Energieernte – faktor die grofite Bedeutung zu, der zudem iiber die Baugrofie mit dem Wirkungsgrad auf natiirliche Weise verkntipft ist Diese Uberlegungen

Global-Wir kungsgrad Подпись: (2.183)

finden auch ihre okonomische Betatigung, wenn wir fiir den Global – Wirkungsgrad (2.178) ganz allgemein die Kostenvariante

Подпись: 8K Подпись: Pei V ta Kej f (KBau + -) “ KBat Подпись: (2.184)

anschreiben. Mit den verschwindenden Kosten fiir den Brennstoff und dessen Bereitstellung (Kzu = 0, KBereitsteJlung = 0) ergibt sich hier ganz zwangslaufig die Gleichheit des so definierten Kostengrads

und des Energie-Erntefaktors fiir regenerative Systeme (8k > 8 s. hierzu Abschn. 2.1.8: |i > rj). Ganz offensichtlich kommt bei regenerativen Systemen dem Energie-Erntefaktor die Bedeutung zu, die der Wirkungs – grad fur konventionelle Grofisysteme besitzt. Im Riickblick auf die anschauliche Darstellung als Global-Wirkunggrad in Bild 80 bedeutet dies, dafi fur konventionelle Grofikraftwerke die Projektion auf die vertikal dargestellte Prozefigiite und fur regenerative Systeme die Projektion auf die horizontal dargestellte Apparategiite maSgebend ist.

Updated: October 27, 2015 — 12:09 pm